Die VDI-Nachrichten kritisierten in ihrem im Juni 2019 erschienen Artikel: „Viel blauer Dunst bei der Instandhaltung“ eine fehlende Transparenz und Kenntnis von tatsächlichen Instandhaltungskosten in der Windbranche. Auch Expertenschätzungen zu den Kosten im Verhältnis zum Investitionsumfang schwanken erheblich. Dabei ist Vollwartung ein Instandhaltungskonzept, das ein technisches Ausfallrisiko der Windenergieanlage mit entsprechend planbaren fixen Kosten absichert. Die Instandhaltung einer neuen Windenergieanlage beinhaltet in der Praxis:

  • Fernüberwachung
  • Datenerfassung zur Standortgüte FGW TR 10
  • Inspektion: Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes und Ableitung der notwendigen Konsequenzen
  • Wartung: Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats
  • Prüfungen nach gesetzlichen oder arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften
  • Instandsetzung: Maßnahmen zur Rückführung in den funktionsfähigen Zustand
  • Verfügbarkeit: Monetäre Absicherung der Betriebsfähigkeit durch Ertragsausfallentschädigung (Verfügbarkeitsgarantien)

Diese Aufgaben werden in unterschiedlichem Maß von den meisten Instandhaltungskonzepten abgedeckt. Entscheidende Themen für die Umsetzung und Gewährleistung hoher Verfügbarkeiten sind insbesondere die Bereitstellung von Know-how, Arbeitskräften, Materialien, Großkomponenten, Transport- und Kranverfügbarkeiten. Für diese „jederzeitige“ Bereitschaft zahlt der Kunde entsprechende Entgelte und genießt damit einen Schutz seines Investitionsgutes.

Aber was sind die Alternativen? Weniger Kosten bedeutet immer auch eine Verringerung von Leistungen und damit eine Verlagerung von Risiken. Die individuelle Risikobereitschaft findet ihre Grenze häufig bei den Kreditvorgaben der Fremdkapitalgeber.

Kann man theoretisch auf alle diese Leistungen verzichten?

Nein. Die regelmäßige Inspektion und Wartung ist eine zwingende Vorgabe der Betriebsgenehmigung (BImSchG) und Typenprüfung der Windenergieanlage. Die Maßnahmenintervalle haben zudem unmittelbaren Einfluss auf die Häufigkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Wiederkehrenden Prüfung nach Maßgabe der DIBt-Richtlinie für Windenergieanlagen – Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung.

Ohne einen diese Leistungen beinhaltenden Wartungsvertrag ist ein Betrieb nicht möglich. Ein Wartungsvertrag wird also neben der Fernüberwachung die Inspektion und die Wartungsvorgaben gemäß Wartungspflichtenheft des Herstellers in regelmäßigen Abständen einschließlich der Dokumentation abdecken müssen. Bei auftretenden Funktionsstörungen oder Bauteilkomponentenausfällen muss der Betreiber bei diesem Konzept anlassbezogen Einzelaufträge zur Instandsetzung erteilen, d.h., sich auch um Angebote, Bauteil- und Kranverfügbarkeiten sowie den Transport kümmern. Auch Risiken aus längeren oder häufigen Stillständen verbleiben, vorbehaltlich einer Versicherbarkeit, beim Betreiber.

Lücken bei alternativen Konzepten

Oftmals wird in diesem Zusammenhang versucht, das Betriebs- und Ertragsausfallrisiko mit einer Kombination aus einfachem Wartungsvertrag sowie einer Maschinenbruch- einschließlich Maschinenbetriebsunterbrechungsversicherung abzudecken.

Eine solche Kombination weist aber erhebliche Lücken auf, da der Vollschutz in der Maschinenversicherung grundsätzlich nur die Entschädigung für unvorhergesehen eintretende Beschädigungen oder Zerstörungen vorsieht und über Ausschüsse zu den nicht versicherten Gefahren gerade die betriebsbedingte Abnutzung als Kerninhalt der Instandhaltung ausgeschlossen wird.

Die Abnutzung und das damit verbundene bewusste Verwendungsrisiko sind im Sinne der Versicherungssystematik nicht mehr „unvorhergesehen“. So kann es also je nach Schadenursache dazu kommen, dass Schäden gar nicht oder nur in Teilbereichen (Folgeschaden an benachbarten Teilen) dem Grunde nach in der Versicherung abgesichert sind.

Zudem basieren die Bedingungen zur Maschinenversicherung in Deutschland im Grundsatz auf einer Zeitwertentschädigung. Nicht selten sind also bei zunehmendem Alter der Windenergieanlage durch Zeitwertregelungen oder Abzüge für Wertverbesserungen erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen kostenmäßig nur teilweise über die Versicherung abgedeckt. Mit dem versicherungsrechtlichen Ziel, eine Kompensation erlittener Vermögenseinbußen zu erreichen, obliegt im Schadensfall dem Betreiber die Abwicklung oder Durchführung der eigentlichen Instandsetzungsmaßnahme. Im Ergebnis schafft dieses Konzept zwar eine Risikoverringerung, aber im Hinblick auf den Umfang der Instandhaltung kein vergleichbar kalkulierbares (Rest-) Kostenrisiko.

Abstimmung mit Finanzierern

Die Entscheidung über das Konzept zur Instandhaltung einer Windenergieanlage hängt von weiteren Kriterien ab: etwa der Organisationsfähigkeit des Betreibers, der Risikobereitschaft der Beteiligten und ebenso von der Qualität des Windenergieanlagentyps. Da die Windenergieanlage in der laufenden Finanzierung Sicherungsgut ist, bedarf das Thema Instandhaltung der Abstimmung mit den finanzierenden Institutionen. Diese sind bei entsprechender Konzeptionierung, „Notfallplanung“ und Rücklagenstellung sicherlich bereit, auch alternative, kostengünstigere Konzepte zu akzeptieren.

Mit dem richtigen Vertragspartner sind auch Mischkonzepte denkbar, bei denen Teilrisiken der Instandhaltung übernommen bzw. Leistungspflichten erweitert werden. Doch auch bei alternativen und kombinierten Konzepten ist auf ein Mindestmaß der Leistungen und Regelungen zu achten.

Checkliste Wartungsvertrag

  • Fernüberwachung und erforderliche Datenhaltung (Daten zur Standortgüte)
  • Regelmäßige Inspektion
  • Vollständiger und regelmäßiger Wartungsumfang gemäß typengeprüften Wartungspflichtenheft (einschließlich Tragstruktur)
  • Durchführung gesetzlicher oder arbeitsschutzrechtlicher Prüfungen

Checkliste Maschinenbruch-/Maschinenunterbrechungsversicherung

  • Vollständigkeit des Maschinenverzeichnisses
  • Welche Ausschlüsse gibt es?
  • Umfang der Abschreibung
  • Regulierung Teil- und Totalschaden
  • Vertragliche Obliegenheiten und Prüfumfänge
  • Ausreichende Haftzeit für Betriebsunterbrechungen

Tipp für Betreiber:

Achten Sie bereits bei Abschluss des Liefervertrages darauf, dass Sie vom Hersteller zur Inbetriebnahme, ggf. im Rahmen von Schulungen, die für den Betrieb und die Wartung erforderlichen Benutzerlevel, Zugriffsklassen, Einstellungs- und Konfigurationsmöglichkeiten (Parameter) erhalten. Ein Augenmerk sollte auch auf die Lizenzierung und gesicherte Nutzung der Software über die Betriebszeit gelegt werden.


Weiterführende Informationen:


Maximilian Müller, Smart Metering & intellig. Messsysteme, Service Instandhaltung Betrieb
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