Die Zeitenwende macht auch vor der niedersächsischen Wirtschaft nicht halt: Der Wille zum Klimaschutz, hohe Energiekosten und teure CO₂-Zertifikate zwingen die Unternehmen, die Dekarbonisierung ihrer Produktionsstätten voranzutreiben. So auch die Betreiber der Papierfabrik DREWSEN SPEZIALPAPIERE in Lachendorf bei Celle. Der Energiebedarf für das komplexe Handwerk der Papierherstellung ist enorm: Jährlich verbraucht das Lachendorfer Unternehmen trotz vielfältiger Energieeinsparmaßnahmen in etwa die Energiemenge, die die Haushalte in der Stadt Celle an Energie in einem Jahr verbrauchen. Mit anderen Worten: sehr viel.

 

Eigene Anlagen helfen bei der Erreichung der Klimaschutzziele

Der Handlungsdruck ist also groß, ebenso die Investitionen. Dazu Dr. Martin Siebert, Technischer Leiter:

„Wir haben uns dafür entschieden, uns bis 2030 bereits zu 80 Prozent mit Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Wir nutzen dazu einen Windpark und werden in Kürze einen Solarpark in Betrieb nehmen. Zurzeit planen wir den Bau eines Biomassekraftwerks, das uns mit Wärme versorgt. Bis 2045 wollen wir dann zu 100 Prozent klimaneutral Spezialpapiere herstellen.“

Doch die Transformation der Wirtschaft ist teuer. Insgesamt investiert das Unternehmen in den nächsten Jahren über 111 Millionen Euro in die Klimaneutralität.

 

Transformationswillen und Mut gehen Hand in Hand

Dazu erklärt LEE-Geschäftsführerin Silke Weyberg:

„Es wird viel von der Transformation der niedersächsischen Wirtschaft gesprochen. Aber wenn wir genau hinschauen, gibt es momentan viele Überlegungen, aber wenig Konkretes. DREWSEN SPEZIALPAPIERE schreitet hier mit gutem Beispiel und unternehmerischem Mut voran und kann anderen Unternehmen als Vorbild für die Dekarbonisierung dienen. Wir erleben hier echten Unternehmergeist, der anderen Firmen Mut machen sollte, den Weg in die Dekarbonisierung zügig einzuschlagen.“

 

Engpässe in Stromnetzen kreativ auflösen

Dr. Ludger Benien, verantwortlich für die Erreichung der Klimaschutzziele des Unternehmens, erläutert:

„Da die energiewirtschaftlichen Regularien bei den Stromnetzen noch nicht an die moderne dezentrale Energieerzeugung mittels regenerativer Quellen angepasst sind, verhindern diese Regelungen die effiziente Nutzung freier Netzkapazitäten.“

 

Nadelöhr Netzanschlusspunkte

Benien führt aus:

„So gibt es im Lachendorfer Raum eine Vielzahl weiterer Planungen für Wind- und Solarenergieanlagen, die alle auf der Suche nach einem geeigneten Netzanschlusspunkt sind. Durch die Fokussierung auf die maximale Peakleistung jeder einzelnen Anlage bei der Stromnetzbuchung führt dies schnell zur Belegung aller freien Netzkapazitäten. Die Netzauslastung durch Sonne und Wind liegt dabei unter 20 Prozent der Netzkapazität. Dabei ergänzen sich die Stromerzeugung aus Wind und Sonne sehr gut, da nur selten eine Gleichzeitigkeit mit hohen Erzeugungsleistungen auftritt. Daher ist es schon heute möglich, mehr Erzeuger an einem Netzknoten anzuschließen, als es bei der alleinigen Betrachtung der Peakleistung möglich zu sein scheint.“

 

Vorhaben trägt zur Netzstabilisierung bei

Siebert ergänzt:

„Als großer Energieverbraucher wollen wir einen Beitrag zur Netzstabilisierung leisten und Strom aufnehmen, wenn die Strom-Transportnetze überlastet sind und Wind- und Solarenergieanlagen abgeregelt werden müssen. Hierzu wollen wir einen Teil unserer Wärmeerzeugung mittels Power-to-Heat elektrifizieren.“

Benien hebt hervor:

„In einer Zeit, in der Stromnetze einen Engpass für den weiteren Ausbau der regenerativen Energiequellen darstellen, müssen wir rasch dafür sorgen, dass wir die Netze bestmöglich auslasten. Eigentlich kein Problem, technisch ist die oben beschriebene Netzüberbauung machbar und im EEG sind nur geringe Anpassungen nötig.“

Details und weiterführende Informationen sind in der Netzverknüpfungspunkte-Studie des BEE Bundesverband Erneuerbare Energie zu finden.

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Das Geheimnis der Energiewende liegt in der Kommunikation

Warum funktioniert Energiewende in Lachendorf so reibungslos? Benien erklärt:

„Am Standort in Lachendorf wird seit mehr als 485 Jahren Papier hergestellt. Diese lange Unternehmensgeschichte zeigt, dass langfristiges Denken und Handeln für uns ein Erfolgsmodell ist. Wir sind es gewohnt, uns rasch auf Veränderungen einzustellen und wollen lieber aktiv handeln, statt nur abzuwarten. Auch unsere Mitarbeitenden motivieren uns dazu, den Weg in Richtung einer klimaneutralen Produktion zu beschreiten und leisten aktive Hilfestellung.“

„In unserer ländlichen Region nehmen wir unsere Aufgabe als regionaler Partner sehr ernst und gehen transparent und vertrauensvoll mit allen Beteiligten um. Hierzu binden wir alle Akteure frühzeitig ein und nehmen deren Anregungen und Bedenken ernst,“

so Benien abschließend.

Quelle: LEE Niedersachsen / Bremen e. V.

 


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