Die Herausforderung: Maximierung der Energieausbeute

Windturbinen spielen eine Schlüsselrolle bei der Erreichung globaler Klimaziele. Ihre Effizienz hängt stark vom Zustand der Rotorblätter ab, die den Wind in Energie umwandeln. Rotorblätter sind hochentwickelte aerodynamische Komponenten, die für optimale Strömungsnutzung ausgelegt sind. Ein zentrales Problem für ihre Leistung ist die Erosion an der Vorderkante der Rotorblätter. Wenn Regen oder andere Partikel auf die Blätter treffen, können mikroskopische Schäden entstehen, die im Laufe der Zeit zu größeren Erosionsschäden führen. Leistungseinbußen in der Energieproduktion und strukturelle Schäden sind die Folge. Erosionsschäden können einen frühzeitigen Übergang von laminaren zu turbulenten Strömungen verursachen, was die aerodynamische Effizienz erheblich verringert. Das Ergebnis ist eine verminderte Energieproduktion, die bis zu 3,7 % der jährlichen Energieerzeugung ausmachen kann.

Darüber hinaus kann die neue Inspektionstechnik innere Strukturschäden frühzeitig erkennen. Präzise, KI-unterstützte Ergebnisse von Rotorblattinspektionen sind relevant für Garantieansprüche der Betreiber. Durch strukturierte und konsistente Bildauswertung können z. B. Produktionsfehler frühzeitig erkannt und präzise dokumentiert werden.

Bestehende Methoden zur Inspektion von Windturbinen könnten erheblich verbessert werden. Betreiber von Windparks erhalten fundiertere Entscheidungsgrundlagen auf der Basis flottenweit einheitlicher Schadensbewertungen. Betreiber erhalten exakte Informationen, wann und wie gewartet, repariert oder ersetzt werden muss, um Reparaturkosten zu reduzieren und ein Optimum an Energieproduktion zu sichern.

 

Gemeinsame Effizienzinitiative von BAM, LATODA und Romotioncam

Thermografische Inspektionen haben sich als eine effektive Methode zur Früherkennung möglicher Erosionsschäden erwiesen. Dabei wird die Temperaturverteilung auf der Oberfläche der Rotorblätter mit einer Infrarotkamera erfasst. Turbulenzen, die durch Oberflächenschäden verursacht werden, verändern die lokale Temperatur des Blattes. Diese Temperaturunterschiede können in Thermogrammen sichtbar gemacht werden. Sie offenbaren komplexe Wechselwirkungen zwischen den Merkmalen der Vorderkante, den inneren Strukturen der Rotorblätter, den thermischen Eigenschaften des Materials, der Sonneneinstrahlung und dem Luftstrom, die eine präzise Analyse erfordern, um tatsächliche Schäden von harmlosen Oberflächeneffekten zu unterscheiden.

Ein entscheidender Fortschritt in der Inspektionstechnologie ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur automatisierten Bildauswertung. Visuelle und thermografische Inspektionen vom Boden aus ermöglichen eine schnelle und kostengünstige Aufnahme von Inspektionsbildern. Die Herausforderung besteht jedoch in der Interpretation der Daten, insbesondere bei thermografischen Bildern: Thermogramme sind komplex und enthalten eine Fülle von Informationen, die für unerfahrene Beobachter schwer zu interpretieren sind. Hier kommt die KI ins Spiel.

Durch den Einsatz von komplexen KI-Architekturen unter der Nutzung von Convolutional Neural Networks (CNN) können die erfassten Bilder automatisch analysiert und Schadensmuster konsistent erkannt und bewertet werden. Diese Algorithmen sind in der Lage, die kleinsten Veränderungen in der Temperaturverteilung zu erkennen und mögliche Schäden und ihre Auswirkungen auf die Aerodynamik präzise anzuzeigen.

Inspektionen können ohne Betriebsunterbrechung der Turbinen durchgeführt werden. Bereits im Frühstadium lassen sich Auffälligkeiten der Oberflächenstruktur erkennen, die zu aerodynamischen Veränderungen führen und Effizienzverluste verursachen.

Gemeinsames Forschungsprojekt „KI-VISIR“ erstellt weltweit ersten open-source Referenzdatensatz von thermischen und visuellen Rotorblattinspektionsbildern:
Im Rahmen der Initiative, die auch als „KI-VISIR“ (Künstliche Intelligenz für visuelle und infrarote Thermografie)-Projekt bekannt ist, wurden thermografische und visuelle Inspektionen an insgesamt 30 Windturbinen durchgeführt. Der umfassende, frei zugängliche Open-Source-Referenzdatensatz ermöglicht es Forschern, die Ergebnisse beider Inspektionsmethoden zu vergleichen und die Effizienz der KI-basierten Bildauswertung zu verbessern und eigene KI-Modelle zu entwickeln. Der Datensatz umfasst über 2.200 visuelle Bilder und mehr als 1.200 Thermogramme, die unter verschiedenen Betriebsbedingungen der Turbinen aufgenommen wurden.

Der Referenzdatensatz ist unter diesem Link verfügbar: https://zenodo.org/records/13771900

Bodengestützte KI-Bildauswertung für Inspektionen ohne Stillstand

Romotioncam führte alle visuellen Inspektionen durch und harmonisierte gleichzeitig die Bildaufnahme mit den Thermogrammen. Das Zustandsmonitoring von Rotorblättern wurde von Romotioncam revolutioniert, das eine patentierte Inspektionsmethode entwickelt hat, die hochauflösende Bilder aufnimmt, während die Windturbinenanlage ohne Betriebsunterbrechung weiter läuft.

Romotioncam kombiniert Inspektionen mit fortschrittlicher KI-Datenanalytik von LATODA. Die effiziente Inspektionsmethodik reduziert den Bedarf an Reparaturen und damit verbundenen Umweltauswirkungen, wie z. B. den Transport und die schnelle Entsendung von Reparaturteams. Die vorausschauende Wartung sorgt somit für einen nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Betrieb.

 

Referenzdatensatz fördert weitere Forschung

Die Vorteile des Referenzdatensatzes für die Industrie und den Forschungssektor sind vielfältig. Einerseits ermöglicht er das Training und die Entwicklung von KI-Algorithmen zur Erkennung von schadensrelevanten Mustern an Rotorblättern. Darüber hinaus können KI-Systeme weiter verfeinert und ihre Genauigkeit bei der Schadensdetektion erhöht werden. Andererseits bietet er die Möglichkeit, neue Methoden zur Verbesserung der Schadensbewertung und Inspektion von Windturbinen zu testen und zu validieren. Der Datensatz zeigt auch die Bedeutung realer, hochwertiger Messdaten für das Training moderner KI-Systeme auf. Die Verfügbarkeit dieser Daten wird es Windparkbetreibern und Wartungsunternehmen ermöglichen, ihre Inspektionsprozesse zu optimieren und die Lebensdauer ihrer Turbinen zu verlängern.

 

KI-gesteuerte Schadenserkennung an Rotorblättern von LATODA

LATODA hat fortschrittliche KI-Systeme entwickelt, die neue Maßstäbe in der Branche für die automatisierte Erkennung und Bewertung von Schäden an Rotorblättern setzen. Durch die Integration von Trainingsdaten aus hochmodernen thermografischen und visuellen Bildgebungstechniken erkennt LATODA’s KI-System nicht nur sichtbare Schäden, sondern deckt auch potenzielle verborgene Probleme unter der Blattoberfläche auf, die sonst unbemerkt bleiben würden. Das System bewertet die Regen-Erosion an der Vorderkante und berechnet die geschätzten Verluste bei der jährlichen Energieproduktion, was datenbasierte Betriebs- und Wartungsentscheidungen unterstützt.

Die von LATODA entwickelten KI-Modelle sind darauf ausgelegt, Regenerosionsschäden sowie aerodynamische Effekte präzise zu identifizieren, zu lokalisieren und zu kategorisieren. Schadensgrößen werden anhand der Inspektionsbilder in cm² berechnet und für die Kalkulation der Einflüsse auf die jährliche Energieeffizienz genutzt.

Dieser innovative Ansatz auf der Basis Künstlicher Intelligenz verbessert die Präzision und Vollständigkeit des Zustandsmonitorings von Rotorblättern erheblich und übertrifft die Fähigkeiten herkömmlicher menschlicher visueller Inspektionen.

Insbesondere für das technische Management großer Windparks bietet eine KI-gestützte konsistente Datenauswertung vielseitige Vorteile für die Leistungsüberwachung, das Benchmarking von Rotorblättern und spezieller Features wie z. B. Leading Edge Protection Systeme oder der Zustandsüberwachung von Vortexgeneratoren.

Vorteile für die Windenergiebranche

Die KI-Lösung von LATODA bietet Windturbinenbetreibern und Inspektionsunternehmen eine beispiellose Kontrolle ihre visuellen Daten. Über eine benutzerfreundliche, eigenständige Plattform können Inspektionsteams Fotos von Rotorblättern schnell hochladen und umfassende, KI-basierte Analysen von Rotorblattschäden und deren Auswirkungen auf die Gesamteffizienz der Energieerzeugung erhalten.

Dieser optimierte Prozess reduziert nicht nur den manuellen Arbeitsaufwand bei der Inspektionsbildverarbeitung und Schadenserkennung, sondern verbessert auch die Entscheidungsfindung, was zu einer höheren Turbineneffizienz und zu optimierten Wartungskosten führt.

Quelle: LATODA 

 


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