Viele Gemeinden haben, sobald sie von dieser Möglichkeit erfuhren, Schreiben an die Windparks in ihrer Umgebung verschickt und darum geworben, ihnen Zuwendungen nach § 6 EEG zukommen zu lassen. Das Prinzip hat seinen Charme, denn für die Windparks soll es weitgehend ein Nullsummenspiel werden – wenngleich beim „weitgehend“ ein bisschen Kosten versteckt sind. Denn irgendjemand muss die Aufteilung und die Abrechnungen vornehmen. Ganz ohne Zuschuss läuft das System dann doch nicht.

Eine gute Idee?

Bedient werden können alle Gemeinden (oder Landkreise), die in einem Umkreis von 2.500 Meter vom Mittelpunkt der jeweiligen Windenergieanlage liegen. Sind mehrere Gemeinden in diesem Umkreis, wird der Anspruch entsprechend nach Flächenanteil aufgeteilt. Die Windparks müssen das den Gemeinden nicht anbieten, haben also die Wahlfreiheit. Aber wenn sie ein Angebot machen, dann allen. Es kommt jedoch auf die Anlage an, nicht auf die Gesellschaft.

Die Beteiligung beträgt maximal 0,2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde (also 2 Euro pro MWh); fiktive Mengen können bei der Berechnung berücksichtigt werden (etwa Redispatch-Mengen). Die Regelung trifft auf Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 1 MW zu (bei WEA, die den Zuschlag zwischen dem 1.1.2021 und dem 31.12.2022 erhalten haben, 750 kW).

Das Ganze ist als Umverteilung zu Lasten der Stromverbraucher gestaltet: Die Betreiber können sich den Beteiligungsbetrag im Jahr nach der Auskehrung im Rahmen der Jahresmeldung von den Übertragungsnetzbetreibern zurückerstatten lassen.

Die Beteiligung muss zwischen Betreiber und betroffenen Gemeinden vertraglich vereinbart werden. Der Vertrag sollte künftige Änderungen der Beteiligungsquote durch Änderungen im Gemeindegebiet regeln.

So weit so gut, das Ganze hört sich nach einer guten Idee an, mit der die Erneuerbaren den Gemeinden Geld zukommen lassen können.

Aber aufpassen

Bei der Umsetzung der Beteiligung sind einige Vorgaben zu beachten. Die Regelung ist anlagenbezogen, die Einspeisung und auch die fiktiven Mengen lassen sich in der Regel aber nur gesellschaftsbezogen ermitteln (fragen Sie Ihren Netzbetreiber). Um diesen Widerspruch zu beseitigen, wird empfohlen, die Mengen analog zum EEG nach Referenzertrag oder Standortertrag zu ermitteln. Mengen, die in Poolverträgen ausgeglichen worden sind, sollten unberücksichtigt bleiben. Auch warnen Juristen vor einer quotalen Aufteilung nach Anlagenzähler. Aber warnen ist deren Job.

Die Erstattung der Beteiligung ist nicht bedingungslos, soll heißen, es besteht ein Risiko für die Windparks, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Die Erstattung ist nämlich an die Auszahlung der Marktprämie gebunden. Für Monate oder neuerdings auch Jahre, in denen keine Markprämie vom Netzbetreiber ausgekehrt wird, entfällt auch die Erstattung. Wir empfehlen daher, die Auszahlung der Beteiligung vertraglich an die Auszahlung der Marktprämie zu koppeln. Das bedeutet für Bestandwindparks, dass sie monatlich abrechnen können. Neue Windparks, bei denen der Jahresmarktwert für die Berechnung der Marktprämie greift, müssen allerdings – wenn sie die Kosten nicht selbst tragen wollen – auf einer Jahresabrechnung bestehen. Ergänzend kann auch vereinbart werden, dass ab bestimmten Vergütungshöhen (etwa bei Marktwerten deutlich über dem anzulegenden Wert) die Beteiligung ausgezahlt wird, auch wenn sich der Betreiber diese Auszahlung nicht erstatten lassen kann.

Welchen Zeitraum hätten‘s denn gern?

Der von der Fachagentur Wind vorgeschlagene (aber rechtlich nicht bindende) Abrechnungszeitraum (01.12. bis 30.11.) ist damit eigentlich vom Tisch. Der hatte den Vorteil, dass die Betreiber die Erstattung bereits im Februar des Folgejahres mit der Jahresmeldung beim Netzbetreiber anmelden könnten, gesetzt die Zahlung ist im Dezember geleistet worden. Bindet man die Abrechnung ans Kalenderjahr, muss man gegebenenfalls ein Jahr auf die Erstattung warten.

Die Zahlung im Dezember hat freilich einen großen Nachteil: Der Dezember ist für Betreiber wie für Betriebsführer traditionell sehr arbeitsintensiv, zumal Urlaubs- und Krankheitstage den Arbeitsanfall für verbleibende Mitarbeitende zusätzlich erhöhen. Wollen Betreiber auf die Gutschriften aus November warten, haben sie möglicherweise nur wenige Tage für Abrechnung und Auszahlung.

Es empfiehlt sich bei Bestandswindparks stattdessen, die Zahlung auf Monats- oder Quartalsbasis vorzunehmen. Dann sind die Beträge relativ klein, die aus dem Budget vorgestreckt werden müssen, und die Wartezeit auf die Erstattung so kurz wie möglich. Wichtig aber: keine Zahlung für Zeiträume vor dem 01.01.2023, da die Regelung erst ab dann greift. Außerdem sollte der Vertrag regeln, dass die Zahlung nach § 6 EEG wegfällt, sobald die gesetzliche Regelung kassiert wird.

 

Über den Autor

Walter Delabar, apl. Prof., Dr. phil., ist seit 2012 kaufmännischer Geschäftsführer der Regenerative Energien Zernsee GmbH & Co. KG (REZ). Er ist ausgebildeter Sozial- und Literaturwissenschaftler und lehrt heute an der Leibniz-Universität Hannover. In der Windindustrie ist er seit 1995 tätig und führt Windparks und Betriebsführungsunternehmen als Geschäftsführer.

 

Dieser Beitrag erschien im BWE-BetreiberBrief 2/2024.

 


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