Ein effizientes Monitoring ist der Schlüssel, um kleinste Abweichungen im Betrieb von Windenergieanlagen frühzeitig zu erkennen. Solche Abweichungen können ein Indikator für bevorstehende Schäden oder gar Ausfälle sein, die durch proaktive Gegenmaßnahmen vermieden werden können. Hier kommt zunehmend die künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel, die sich als wertvolles Werkzeug im Arsenal der Windparkbetreiber etabliert.

Windenergieanlagen sind technologische Meisterwerke. Ihr Betrieb erfordert ein präzises Zusammenspiel von Rotor, Getriebe, Generator sowie einer hoch entwickelten Mechanik und komplexen Elektronik. Diese Anlagen stehen ununterbrochen den enormen Kräften des Windes gegenüber, was sie anfällig für Verschleiß und technische Probleme macht. Für Betreiber ist es daher essenziell, nicht nur den aktuellen Zustand jeder Anlage zu kennen, sondern auch potenzielle künftige Probleme frühzeitig zu antizipieren. Eine vorausschauende Instandhaltung, die auf präzisen Datenanalysen basiert, ist entscheidend, um langfristig höchste Erträge zu sichern und das Risiko unerwarteter Ausfälle zu minimieren.

 

Künstliche Intelligenz braucht Erfahrung

Um diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden, können Windparkbetreiber auf die Unterstützung externer Fachleute zurückgreifen. Ingenieur-Dienstleister sowie Inspektions- und Überwachungsstellen bieten wertvolle Beratungsdienste sowie umfassende technische Analysen und Inspektionen an. Durch ihre Expertise tragen sie maßgeblich zur Stärkung des betrieblichen Risikomanagements bei. Ein entscheidender Faktor für aussagekräftige Analysen ist die Erfahrung der Experten. Diese umfasst sowohl die Erhebung von Betriebsdaten als auch deren Auswertung und Interpretation. Doch in einer zunehmend digitalisierten Welt spielt auch die künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle. KI-Systeme sind in der Lage, große Datenmengen zu verarbeiten und Muster zu erkennen, die menschlichen Analysten möglicherweise entgehen würden.

Ein Beispiel für den Einsatz von KI ist die Getriebeendoskopie, bei der Aufnahmen des Getriebes auf Auffälligkeiten hin untersucht werden. Mithilfe von KI können selbst kleinste Anomalien identifiziert werden, die auf drohende Ausfälle oder Leistungsverluste hinweisen könnten. Diese präventiven Erkenntnisse ermöglichen es den Betreibern, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um Stillstandszeiten zu minimieren, Reparaturkosten zu reduzieren und die Betriebssicherheit über den gesamten Lebenszyklus der Anlage hinweg zu gewährleisten.

 

SCADA-Analysen: Ein Muss für moderne Windparkbetreiber

Bei der Auswahl eines geeigneten Dienstleisters für die Inspektion und das Monitoring von Windenergieanlagen sollten Betreiber besonders darauf achten, ob SCADA-Analysen im Angebot enthalten sind. SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition) ist ein etabliertes System zur Überwachung und Steuerung industrieller Prozesse in Echtzeit. Es ermöglicht das Sammeln, Speichern und Analysieren von Daten aus verschiedenen Geräten und Sensoren, was für eine präzise Überwachung und Optimierung des Anlagenbetriebs unerlässlich ist. SCADA-Analysen finden nicht nur in der Windenergie Anwendung, sondern auch in einer Vielzahl anderer Industrien. Sie bieten einen tiefen Einblick in die Betriebsabläufe und ermöglichen es, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Durch die Kombination von SCADA- Systemen mit künstlicher Intelligenz können Betreiber ihre Anlagen effizienter überwachen und steuern, was zu einer höheren Verfügbarkeit und längeren Lebensdauer der Anlagen führt.

 

Schadensabwehr in Aktion: Ein Blick in die Praxis

Wie funktioniert der Einsatz von intelligentem Controlling in der Praxis? Stellen wir uns vor, die Sensoren eines Condition Monitoring Systems entdecken Anomalien im Antriebsstrang einer Windenergieanlage. Eine detaillierte Analyse lokalisiert den Fehler in der Ansteuerung der Rotorblätter. Der Anlagenservice kann nun gezielt vor Ort eingreifen, den Fehler in der Pitchsteuerung eines Rotorblattes beheben und den normalen Betrieb der Anlage wiederherstellen.

Eine frühzeitige Fehlererkennung ist von entscheidender Bedeutung. Die enormen Kräfte, die von den Rotorblättern auf den Turm und die anderen Komponenten der Anlage wirken, könnten bei einem unentdeckten Defekt erhebliche Schäden verursachen. Diese Schäden sind oft nicht sofort sichtbar, können aber zu einer Verschlechterung der Betriebsbedingungen und letztlich zu einer verkürzten Lebensdauer der Anlage führen. Ein proaktives Monitoring ermöglicht es hingegen, die Performance und Langlebigkeit der gesamten Anlage zu verbessern. Dies spart nicht nur Kosten, sondern maximiert auch die Ertragsmöglichkeiten. In einer Zeit, in der der Druck auf die erneuerbaren Energien wächst, ist die Kombination aus moderner Technik und künstlicher Intelligenz ein entscheidender Vorteil, um die Zuverlässigkeit und Effizienz von Windenergieanlagen zu sichern. Mit diesen Technologien in der Hand können Windparkbetreiber nicht nur auf die Herausforderungen der Gegenwart reagieren, sondern sind auch bestens für die Zukunft gerüstet.

Künstliche Intelligenz spielt in der Lebenszyklusüberwachung von Windenergieanlagen eine immer größere Rolle. Windparkbetreiber sollten diese Vorteile für sich nutzen.

 

Über den Autor

Roman Wolff ist Diplom-Ingenieur Maschinenbau und hat seit 2002 verschiedene Führungspositionen als Ingenieur in der Windenergie Branche im Bereich Life-Cycle-Management wahrgenommen. Seit Ende 2019 ist er Geschäftsführer bei der GP JOULE SERVICE ENGINEERING. Nicht zuletzt zählen die langjährige Mitarbeit in Beiräten, Normen- u. Richtliniengremien, Fachausschüssen und Arbeitskreisen sowie Publikationen der Windenergie-Branche zu seinen Tätigkeiten.

Dieser Beitrag erschien im BWE-BetreiberBrief 3-2024.