Menschen mit demselben Beruf brauchen bisweilen sehr unterschiedliche Kompetenzen, je nachdem, ob sie in traditionellen Einsatzfeldern oder in Bereichen der Energiewende beschäftigt sind. Dachdecker:innen zum Beispiel, die bislang meisterhaft Einfamilienhäuser mit Dachpfannen gedeckt und Fabrikdächer wetterfest gemacht haben, sind nicht automatisch für das Installieren von Photovoltaik-Anlagen qualifiziert. Dabei spielen Dachdecker:innen für die Energiewende eine zentrale Rolle. Denn bereits heute wird jede:r vierte Dachdecker:in von Solarunternehmen gesucht – Tendenz steigend.

Zwar können Auszubildende seit 2016 als einen von fünf Schwerpunkten „Energietechnik an Dach und Wand“ wählen. Arbeitsmarktexpertin Jana Fingerhut sagt:

„Aber das reicht nicht. Auch Dachdecker:innen, die ihre Ausbildung vor 2016 abgeschlossen haben und Solaranlagen installieren wollen, müssen zusätzliche Kompetenzen erwerben. Je schneller diese Kompetenzen erlernt werden, desto eher werden wir unabhängig von der Einfuhr teurer, knapper und klimaschädlicher fossiler Energieträger.“

 

Derselbe Beruf – aber die Aufgaben in Solarbetrieben sind anders

Was für Dachdecker:innen gilt, trifft auch auf zahlreiche weitere Tätigkeiten der Energiewende zu, wie etwa für Fachkräfte für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder Bauelektriker:innen. Das zeigt die aktuelle Jobmonitor-Analyse, für die wir 2,7 Millionen Online-Stellenanzeigen der Wind- und Solarbranche ausgewertet haben.

Bei den wichtigsten Berufen der Solarbranche liegt der Ähnlichkeitswert der dort benötigten Kompetenzen im Vergleich zu jenen in den traditionellen Einsatzfeldern im Durchschnitt bei 0,85. Wären die Kompetenzen absolut deckungsgleich, läge der Wert bei 1.

Mit am größten ist die Diskrepanz bei den Dachdecker:innen. Dort beträgt der Ähnlichkeitswert nur 0,71. In der Solarbranche werden von ihnen insbesondere Kompetenzen rund um Solarthermie, Photovoltaikanlagen und die Montage von Versorgungstechnik nachgefragt. Demgegenüber stehen für die klassischen Dachdecker:innen das Dachdecken und Abdichten im Vordergrund.

Fachkräfte in der Windenergiebranche brauchen besonders viele zusätzliche Kompetenzen

Im Windbereich ist die Schnittmenge der Kompetenzen noch kleiner als im Solarbereich. Hier erreicht der Ähnlichkeitswert der Kompetenzanforderungen in Gesamtwirtschaft und der Windbranche in vermeintlich gleichen Berufen nur 0,77. Besonders groß ist der Unterschied bei den Fachkräften für Bauelektrik mit einem Ähnlichkeitswert von nur 0,64. Zentral für Fachkräfte der Bauelektrik in der Windbranche sind Kompetenzen im Bereich Inbetriebnahme und Wartung von Windkraftanlagen. Bei klassischen Bauelektriker:innen sind vor allem Elektroinstallation und Montage Elektrotechnik gefragt.

Was auf der Ebene der Fachkräfte Sorgen bereitet, spielt auf der deutlich höheren Ebene der Expert:innen, also in Funktionen, für die ein Masterstudium vorausgesetzt wird, kaum eine Rolle. Hier sind die benötigten Kompetenzen für die Solar- und der Windbranche beinahe deckungsgleich mit denen in anderen Branchen der Gesamtwirtschaft.

 

Die Beschäftigten brauchen zusätzliche Qualifikationen

„Die starken Unterschiede bei den Kompetenzanforderungen innerhalb eines Berufes zeigen, dass der Blick auf die Zahl der Arbeitskräfte allein nicht ausreicht. Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte. Sie müssen eben auch die richtigen Kompetenzen für die Aufgaben in der Wind- und Solarbranche mitbringen. Diese Kompetenzen müssen erst erlernt werden“,

sagt Fingerhut. Daher brauchen die Branchen der Energiewende mehr gezielte Weiterbildungen, die sich sowohl an Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung richten als auch an diejenigen mit Berufserfahrungen, aber ohne einen anerkannten Abschluss.

„Für Ungelernte sollten Teilqualifizierungen zum Beispiel im Bereich Montage von Solaranlagen angeboten werden. Zu prüfen wäre außerdem eine Bündelung von Kompetenzen aus bestehenden Berufen zu einem neuen Beruf ‚Fachkraft für Erneuerbare Energien‘ oder ‚Klimafachkraft‘. Dieser Schritt könnte für Jugendliche die Ausbildung im Bereich der Energiewende deutlich attraktiver machen.“


Der nächste Termin der KEE am 5. und 6. September bietet Unternehmen und Jobsuchenden aus den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einen Austausch.

Sie möchten ihr Unternehmen auf der nächsten KEE präsentieren? – Werden Sie Aussteller! Ausstehende Termine 2024: 5. – 6. September, Messe Ost | 5. – 6. Dezember, Messe Süd.

Alle Informationen unter: https://kee.ee-hub.de

 


Passend zum Thema: